Aus dem Schmuddeleck in den Mainstream: Wie Medien auf den Bitcoin-Zug aufsprangen

Jakob Steinschaden
Jakob Steinschaden
01.09.2025
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Bitcoin wird ins Licht erhoben

Ähnlich wie mir ist es wohl vielen Journalist:innen ergangen - sie haben Bitcoin zuerst im Zusammenhang mit Hackern erlebt, als un(be)greifbares, irgendwie dubioses Zahlungsmittel im Darknet, mit dem Drogen oder Pornos bezahlt wurden. Auf Bitcoin bin ich das erste Mal im Rahmen der Hacker-Konferenzen des Chaos Computer Club so um 2010, 2011 gestoßen. Dort war die Kryptowährung, die ihre Wurzeln in der Cypherpunk-Bewegung der 2000er hat, bereits Thema an der Schnittstelle zwischen Privatsphäre im digitalen Raum und Libertarismus. Wer weiß, wie alles gekommen wäre, hätte ich mir damals schon Bitcoin besorgt…

Jedenfalls war die Berichterstattung zu Bitcoin zu Beginn viele Jahre lang stark negativ geprägt. Sicher nicht zu völlig Unrecht, schließlich war die Kryptowährung bei Geschichten wie Silk Road oder Mt. Gox involviert, und die sorgten für Negativ-Schlagzeilen auf der ganzen Welt. Als Paypal, Visa und Mastercard Spendenzahlungen an Wikileaks 2010 sperrten, und Julian Assanges Enthüllungs-Plattform auf Bitcoin-Spenden wechselte, erkannten erstmals zumindest einige in der Medienwelt, welches Potenzial ein dezentrales Zahlungsmittel hat.

Wie Narrative funktionieren und wirken

Was bei Bitcoin stärker als bei vielen anderen Technologien ausgeprägt ist, ist das Storytelling darum herum. Es gibt kaum jemanden, der Bitcoin nicht kennt, keine eigene Sichtweise darauf hat, keine Anekdote (“Mein Nachbar wurde damit reich” usw.) liefern kann, nicht schon einmal eine unglaublich klingende Geschichte darüber gehört oder gelesen hat - viel weniger Menschen (aktuell gibt es nicht einmal 700.000 aktive Bitcoin-Adressen) besitzen BTC tatsächlich.

“Buy the rumors, sell the news” ist eine oft wiederholte Phrase im Krypto-Universum und meint Folgendes: Sobald es auch nur Gerüchte über künftige Entwicklungen im Sektor gibt, ist es Zeit zu kaufen - treten sie dann tatsächlich ein, ist es zu spät, und man kann verkaufen. Der Satz zeigt deutlich auf, wie stark Bitcoin und andere Krypto-Assets alleine durch Erzählungen angetrieben werden.

Bitcoin wirft durch seine technische Natur die ganz großen Fragen auf: Welche Kontrolle wird der Staat künftig noch über Geld haben? Was ist wirtschaftliche Freiheit? Wie verändert sich der globale Energie- und Ressourcenverbrauch zu wessen Gunsten? Wie kann Privatsphäre im digitalen Zeitalter garantiert werden? Das und vieles mehr kann auch aus Sicht von Bitcoin beantwortet werden - feinstes Storytelling-Material also, das ganze Bücher füllen kann.

Bitcoin: 400 totgesagt, nie gestorben

Ein in den vergangenen Jahren besonders beliebtes Narrativ: Bitcoin ist tot. Die Bitcoin-Community hat es sich mittlerweile zum Spaß gemacht, die Todesmeldungen zu sammeln. BitcoinDeaths.com hat seit 2010 mehr 430 davon gesammelt, bei 99Bitcoins wurden sogar fast 480 dokumentiert. Gemeinsam ist diesen Kollektionen, dass sie ein deutliches Bild zeichnen: Je länger es Bitcoin gibt, desto seltener werden die Falschmeldungen über seinen Tod. Denn über Zeit haben immer neue Allzeithochs die Abgesänge auf die Kryptowährung widerlegt, und 2025 findet man niemanden mehr, der auf das baldige Ende von BTC wettet.

Ähnlich wie die Falschmeldungen über den Bitcoin-Tod abgenommen haben, haben die positiveren Zugänge in Medien zum Bitcoin-Thema zugenommen. Anstatt sich mit Geldwäsche, Drogen und Pornografie in Zusammenhang mit BTC zu beschäftigen, werden in Mainstream-Medien nun ebenfalls Fragen zur Wertaufbewahrung, zur Möglichkeit als Zahlunsmittel, ja sogar als staatliches Investment diskutiert.

Aus dem Schmuddeleck an die Wall Street

Der wirklich große Durchbruch für Bitcoin, die wirklich große Akzeptanz in den Mainstream-Medien kam aus meiner Sicht letztlich im Jänner 2024. Denn da passierte Folgendes: die Einführung der Bitcoin-Spot-ETFs in den USA, die erstmals via BlackRock und Co. Bitcoin der Wall Street und allen anderen Investoren auf einfachem Wege zugänglich machte.

Das fasziniert seither auch die großen Medien, und es gibt keine großes News-Portal mehr, das nicht über die neues All-Time-Highs der Kryptowährung berichtet. Handelsblatt, WirtschaftsWoche, Financial Times und Co sind heute ohne Bitcoin-Berichterstattung nicht mehr denkbar - ihre Leser erwarten es genauso wie die Berichte über Aktien, ETFs oder Gold.

Damit ist heute klar: Über Bitcoin wird man künftig noch vieles lesen, nur eines nicht mehr - das die Kryptowährung bald tot ist.

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