Trennung und Scheidung – Rechtliche Folgen für mein Wallet und Möglichkeiten der Absicherung

Niklas Clamann
Niklas Clamann
31.07.2025
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Frau und Mann sitzen vor Scheidungsdokumenten und Richterhammer

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Niklas Clamann, der eine auf das Familienrecht spezialisierte Kanzlei betreibt. Alle Infos rund um das Thema Scheidung und Kosten findest du hier:

https://www.online-scheidung-deutschland.de/scheidungskosten/

Bitcoin steht für Unabhängigkeit, Dezentralität und finanzielle Eigenverantwortung. Die Ehe hingegen – zumindest in rechtlicher Hinsicht – ist ein Vertrag mit weitreichenden Konsequenzen, insbesondere bei der Trennung oder Scheidung. Wer verheiratet ist und in Bitcoin oder andere Kryptowährungen investiert, sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass digitale Assets bei einer Scheidung „unsichtbar“ bleiben. In diesem Beitrag wird erläutert, was im Falle einer Trennung oder Scheidung mit diesen digitalen Assets passiert und wie man sich im Vorfeld gegen die rechtlichen Folgen absichern kann.

Zugewinnausgleich – Aufteilung der Vermögenswerte mit der Scheidung

In Deutschland leben Ehepaare ohne Ehevertrag automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet: Auch wenn jeder Ehegatte während der Ehe Eigentümer seines Vermögens bleibt, wird am Ende der Ehe geschaut, wer wie viel Vermögen während der Ehezeit „dazugewonnen“ hat.

Dieser sogenannte Zugewinn wird zwischen den Ehepartnern ausgeglichen – konkret zahlt derjenige mit dem höheren Zugewinn die Hälfte der Differenz an den anderen.

So wird der Zugewinn berechnet:

Es werden zwei Stichtage verglichen:

  1. Anfangsvermögen: Das Vermögen jedes Ehegatten am Tag der Eheschließung
  2. Endvermögen: Das Vermögen jedes Ehegatten am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags

Die Differenz dazwischen ergibt den Zugewinn.

Beispiel:

  • Ehegatte A hatte bei Eheschließung 10.000 € Vermögen. Bei Scheidungsantrag sind es 110.000 €. → Zugewinn: 100.000 €
  • Ehegatte B hatte bei Eheschließung 5.000 € und später 35.000 €. → Zugewinn: 30.000 €

➡️ Differenz des Zugewinns: 70.000 € → Ausgleichsanspruch: 35.000 € für Ehegatte B.

Wie werden Kryptowährungen behandelt?

Kryptowährungen sind Vermögenswerte, genau wie Bankguthaben, Aktien oder Immobilien und fließen voll in die Berechnung des Zugewinns ein.

Folgendes Beispiel verdeutlicht den Einfluss deiner Kryptowährungen auf den Zugewinnausgleich: Du hast zu Beginn der Ehe Bitcoin im Wert von 5.000 €. Bis zur Scheidung steigt der Kurs auf 60.000 €. Dein Zugewinn beträgt dann allein aus Bitcoin 55.000 €. Dieser Zugewinn wird für dich im Rahmen des Zugewinnausgleichs berücksichtigt.

Aber nicht nur Gewinne, sondern auch Verluste werden berücksichtigt. Sinkt der Wert deiner Coins während der Ehe, wird das als negativer Zugewinn berücksichtigt.

Kaufzeitpunkt und Haltefrist sind entscheidend. Coins, die du schon vor der Ehe besessen hast, zählen (in ihrem damaligen Wert) zum Anfangsvermögen. Nur Wertsteigerungen während der Ehe sind relevant.

Wie kann ich mein Kryptodepot absichern?

Gerade für langfristig orientierte Krypto-Investoren lohnt sich die rechtliche Vorsorge. Im besten Fall beschäftigt man sich noch vor der Heirat mit diesem Thema. Es gibt drei Möglichkeiten, wie du deine digitalen Assets schützen kannst:

1. Ehevertrag

Hier kann individuell geregelt werden, wie der Zugewinnausgleich funktionieren soll, oder ob er komplett ausgeschlossen wird. Auch eine spezielle Klausel für Krypto-Vermögen ist möglich: z. B. „Kryptowährungen bleiben beim Zugewinnausgleich unberücksichtigt.“ Eine Regelung zum Zugewinnausgleich über einen Ehevertrag ist nur dann rechtswirksam, wenn dieser Vertrag notariell beurkundet wird.

2. Scheidungsfolgenvereinbarung

Kommt es bereits zur Trennung, aber man ist sich einig, kann man noch eine Regelung über die Vermögensaufteilung im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung treffen. Auch hier kann man explizit regeln, wie mit Kryptowährungen umgegangen wird. Die Scheidungsfolgenvereinbarung ist rechtlich gesehen gleich einem Ehevertrag. Auch bei dieser ist jede Regelung zum Zugewinnausgleich nur durch notarielle Beurkundung rechtswirksam.

3. Vergleich vor Gericht

Im laufenden Scheidungsverfahren kann ein Vergleich über die Vermögensaufteilung geschlossen werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass beide Ehegatten im Scheidungsverfahren jeweils anwaltlich vertreten sind.

Kann ich mein Depot verstecken?

Ist das eigene Depot während der Ehe angewachsen und ist der Ehepartner nicht einigungsbereit, könnte man schnell auf die Idee kommen, das Depot zu verstecken oder einfach gar nicht zu erwähnen. Frei nach dem Motto: „Meine Wallet kennt niemand – also kann ich sie im Zweifel einfach verschweigen.“ Klingt clever, ist es aber nicht.

Denn:

  • Beim Zugewinnausgleich besteht ein gesetzlicher Auskunftsanspruch.
  • Du musst dein gesamtes Vermögen vollständig offenlegen, zu dem auch Wallets, Coins, NFTs usw. gehören.
  • Wer in diesem Zusammenhang falsche Angaben macht oder Vermögen verschweigt, begeht unter Umständen Prozessbetrug und macht sich damit strafbar.

Außerdem: Wenn dein (ehemaliger) Ehepartner weiß, dass du „was mit Bitcoin machst“, reicht das oft aus, damit das Gericht genauer hinschaut. Gerichte fragen heute gezielt nach Wallet-Adressen, Börsen-Accounts, Wallet-Software, Seed-Phrases, Hardware Wallets usw. und lassen sich nicht so leicht täuschen.

Was, wenn keiner den Zugewinnausgleich beantragt?

Der Zugewinnausgleich erfolgt nicht automatisch bei der Scheidung. Er muss gesondert beantragt werden. Solange das keiner von beiden tut, bleibt das Vermögen unangetastet und du kannst dein Depot vollständig für dich behalten.

Wenn sich also beide Ex-Partner einig sind und keiner Ansprüche geltend macht, behältst du deine Coins auch ohne Ehevertrag. Die Frist, innerhalb der der Zugewinnausgleich noch geltend gemacht werden kann, beträgt allerdings 3 Jahre und beginnt erst mit Rechtskraft der Scheidung.

Aber Vorsicht: Diese Einigkeit kann schnell vorbei sein – spätestens wenn der Bitcoin-Kurs gerade durch die Decke geht.

Fazit – Frühzeitige Absicherung dringend empfohlen

Kryptowährungen stehen für Eigenverantwortung und genau so solltest du auch beim Thema Ehe & Vermögen agieren. Trennung oder Scheidung kann ein Portfolio hart treffen, muss es aber nicht, wenn man rechtzeitig vorsorgt.

Auch wenn das Thema Ehevertrag nicht gerade romantisch ist und niemand sich gerne mit dem Thema Trennung beschäftigt, sollte man gerade in Zeiten, in denen die Beziehung funktioniert, eine für beide Seiten faire Regelung besprechen und durch einen notariellen Vertrag verankern. Denn wenn die Trennung erstmal ausgesprochen ist, wird es meist schwierig, gemeinsam faire Regelungen zu erarbeiten.

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