Mehrteilige Sicherheit: Warum die Zukunft der Bitcoin-Verwahrung analog, geteilt und unabhängig ist

Torsten Schmitz
Torsten Schmitz
06.11.2025
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Bitcoin Seed Wörter

Gastbeitrag Torsten Schmitz, trust4money GmbH

Bitcoin hat das Verständnis von Eigentum grundlegend verändert. Mit einem einzigen Satz von 12 oder 24 Wörtern – der sogenannten Seed-Phrase – hält man die Kontrolle über sein gesamtes digitales Vermögen. Doch diese Einfachheit ist zugleich die größte Schwachstelle: Wer diesen Seed verliert oder wer ihn findet, kontrolliert die Coins – unwiderruflich. Genau hier setzen neue mehrteilige Sicherungsverfahren an, die physische und rechtliche Sicherheit verbinden, ohne die digitale Souveränität aufzugeben.

Viele Bitcoiner beginnen mit einer sogenannten Single-Sicherheitslösung: ein Seed, aufgeschrieben oder in Stahl graviert, sicher verwahrt im Tresor, im Bankschließfach oder bei Freunden hinterlegt. Was zunächst sicher klingt, birgt gleich mehrere Probleme. Zum einen ist dieser eine Punkt der Wahrheit ein Single Point of Failure – geht er verloren oder wird kopiert, ist das gesamte Vermögen kompromittiert. Zum anderen ist die Verwahrung solcher Seeds durch Dritte, etwa Banken, Notare oder professionelle Tresorverwahrer, in Deutschland rechtlich gar nicht erlaubt. Denn wer einen Seed oder private Schlüssel für Kunden aufbewahrt, betreibt nach dem Kreditwesengesetz ein Kryptoverwahrgeschäft – und dafür ist eine aufwendige, teure BaFin-Erlaubnis erforderlich. Genau das verhindert bislang, dass traditionelle Institutionen bei der sicheren Verwahrung von Bitcoin mitwirken können.

Mehrteilige Verwahrungsmodelle durchbrechen dieses Schwarz-Weiß-Prinzip. Sie basieren auf der Idee, dass Sicherheit nicht darin liegt, alles an einem Ort zu schützen, sondern in der geteilten Verantwortung mehrerer Parteien. Grundlage ist der BIP39-Standard, auf dem nahezu alle modernen Wallets aufbauen. Die Seed-Wörter werden dabei nicht direkt gespeichert, sondern in Positionscodes übersetzt – alphanumerische Referenzen, die angeben, wo jedes Wort innerhalb der BIP39-Wortliste steht. Aus „mystery“ wird zum Beispiel „H79“. Diese sogenannten KeyCodes können auf verschiedene Personen oder Institutionen verteilt werden: etwa den Eigentümer selbst, eine Bank, ein Family Office oder einen Notar. Erst wenn eine vorher definierte Mehrheit – zum Beispiel zwei von drei Parteien – ihre Anteile zusammenführt, kann die ursprüngliche Seed-Phrase wiederhergestellt werden.

Das Ergebnis ist ein analoges, mehrteiliges Sicherheitsnetz, das ohne Internet, Apps oder Software auskommt. Die physische Struktur – etwa auf Metallplatten oder NFC-Karten – bleibt unabhängig von technischen Veränderungen oder Software-Updates. Gleichzeitig erlaubt die Aufteilung die Einbindung klassischer Partner wie Banken oder Treuhänder, ohne dass diese rechtlich als Kryptoverwahrer gelten – was bisher einer der größten Hinderungsgründe war, da in Deutschland eine gesonderte und aufwendige Erlaubnis durch die Finanzaufsicht nötig wäre. Da keine Partei den vollständigen Schlüssel hält, entsteht keine BaFin-pflichtige Verwahrung im Sinne des Kreditwesengesetzes. Das eröffnet neue Möglichkeiten für institutionelle Zusammenarbeit, ohne regulatorische Hürden oder Lizenzpflichten.

Für Endkunden bedeutet das ein Sicherheitsmodell, das sich wie eine Brücke zwischen zwei Welten verhält: der digitalen Souveränität von Bitcoin und der analogen Verlässlichkeit traditioneller Verwahrung. Ein Verlust eines T eils führt nicht zum T otalverlust, und kein Finder kann mit einem einzelnen Stück Information auf das Vermögen zugreifen. Selbst in Szenarien wie Erbfall, Unternehmensverwaltung oder Stiftungstreuhand kann definiert werden, unter welchen Bedingungen ein Zugriff erfolgen darf – etwa durch einen Erbschein, eine notarielle Freigabe oder den Ablauf bestimmter Fristen.

So entsteht ein System, das nicht auf Vertrauen in T echnologie, sondern auf strukturierte Zusammenarbeit setzt. Während klassische „Single-Sicherheitslösungen“ die gesamte Verantwortung in eine Hand legen, verlagert ein mehrteiliges Modell die Kontrolle auf mehrere Schultern – ohne sie aus der Hand zu geben. Das schützt nicht nur vor Verlust oder Diebstahl, sondern auch vor impulsiven Entscheidungen, familiären Streitfällen oder technologischem Wandel. Interessant wird das vor allem, wenn man über den privaten Bereich hinausblickt. Institutionen wie Banken, Notariate, Family Offices oder Stiftungen können über definierte Rollen T eil dieses Sicherheitsverbunds werden, ohne selbst digitale Schlüssel verwahren zu müssen. So lassen sich etwa Nachlässe, Unternehmensreserven oder Spendenfonds in Bitcoin sicher strukturieren – nachvollziehbar, revisionssicher und ohne digitale Abhängigkeiten. Erstmals entsteht damit eine praxistaugliche Verbindung zwischen analogem Recht und digitalem Vermögen – mit festen Zuständigkeiten und klarer Compliance, aber ohne zentrale Verwahrung. Am Ende steht nicht einfach ein neues Produkt, sondern ein neues Verständnis von Verantwortung im digitalen Zeitalter: Sicherheit entsteht nicht durch Geheimhaltung, sondern durch geteilte, dokumentierte Kontrolle. Diese Idee wird heute durch Lösungen wie SeedPro und SeedPro Institutional konkret umgesetzt. SeedPro richtet sich an Endkunden, die ihre Bitcoin-Keys analog, mehrteilig und zukunftssicher aufbewahren wollen – etwa für Familie, Nachlass oder persönliche Langzeitstrategien. SeedPro Institutional erweitert dieses Prinzip auf Banken, Notare, Treuhänder und Family Offices und ermöglicht rechtskonforme Verwahrungsstrukturen ohne Kryptoverwahr-Lizenz. Beide Modelle zeigen: Die Zukunft der Bitcoin-Verwahrung ist nicht rein digital. Sie ist geteilt, analog und menschlich nachvollziehbar – und damit ein Schritt zurück zu traditioneller Sicherheit.

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