Ein Interview mit Marc Steiner:
Einstieg in Bitcoin und Motivation
Wie bist du ursprünglich zu Bitcoin gekommen und was hat dich dazu gebracht, dich so intensiv mit dem Thema zu beschäftigen?
Ich bin ursprünglich Ingenieur und habe 2014 im Rahmen eines Forschungsauftrags erstmals Kontakt mit dem Thema Blockchain gehabt. Damals war das für mich ein technisches Projekt, aber es hat sofort mein Interesse geweckt. Je tiefer ich mich damit beschäftigt habe, desto mehr habe ich erkannt, was und wie wichtig Bitcoin ist. Bitcoin hat mich von Beginn an fasziniert, weil es nicht nur eine technische Innovation darstellt, sondern auch eine gesellschaftliche und ökonomische Dimension hat. Von diesem Zeitpunkt an war für mich klar: Ich möchte verstehen, wie das funktioniert, welche Möglichkeiten entstehen und welche Risiken damit verbunden sind. So bin ich immer tiefer in die Materie eingestiegen und habe mich seither kontinuierlich mit Bitcoin und den damit verbundenen Themen auseinandergesetzt.
Frühe Planung von Verwahrung und Vererbung
Warum ist es bei Bitcoin besonders wichtig, sich frühzeitig mit Verwahrung und Vererbung auseinanderzusetzen?
Weil es Themen sind, die man nicht aufschieben darf. Wer sich am Anfang keine Gedanken über Verwahrung und Vererbung macht, tut es später in der Regel gar nicht mehr. Ich sehe das sehr oft: Menschen investieren, ihre Bestände wachsen im Wert, doch sie kümmern sich nicht um die grundlegende Frage, wie ihr Bitcoin sicher aufbewahrt und im Ernstfall weitergegeben werden kann. Mit der Zeit wächst die Unsicherheit, und viele scheuen sich dann, den Schritt nachzuholen. Doch niemand weiss, was morgen passiert – ob ein gesundheitlicher Zwischenfall eintritt oder ein Unfall. Genau wie bei einem Vorsorgeauftrag für die Familie gilt: Solche Dinge regelt man von Beginn an, solange man Zeit, Ruhe und Überblick hat.
Häufige Fehler bei der Aufbewahrung
Welche Fehler und Risiken begegnen dir in der Praxis am häufigsten, wenn es um die Aufbewahrung von Bitcoin geht?
Das grösste Risiko ist gefährliches Halbwissen. Viele glauben, sie hätten verstanden, wie Wallets oder Hardware-Wallets funktionieren, doch in der Praxis fehlt oft das tiefere technische Verständnis. Hinzu kommt, dass viele nicht wissen, welche Anbieter oder Börsen vertrauenswürdig sind. Das führt dazu, dass immer wieder unnötige und teure Fehler passieren. Zum Beispiel werden Gelder auf Plattformen gehalten, die unsicher sind, oder Backups werden nicht korrekt erstellt. Solche Fehler lassen sich vermeiden, wenn man bereit ist, sich ernsthaft mit der Thematik zu beschäftigen und sich das nötige Wissen Schritt für Schritt anzueignen.
Rolle digitaler Nachlass-Tools
Wie unterstützt ein digitales Nachlass-Tool Menschen dabei, einen sicheren Plan für Bitcoin zu erstellen?
Ein digitales Nachlass-Tool ist im Grunde eine Abkürzung. Statt dass man sich alles selbst mühsam erarbeitet, bietet es eine klare Struktur und spart viel Zeit. Es hilft dabei, einen individuellen Plan zu entwickeln, der auf die persönliche Situation zugeschnitten ist. Vor allem stellt es sicher, dass keine wichtigen Informationen vergessen gehen. Am Ende geht es darum, den Prozess so einfach wie möglich zu machen – sowohl für den Bitcoin-Inhaber selbst als auch später für die Erben.
Best Practices für den Bitcoin-Nachlass
Welche Best Practices empfiehlst du, wenn jemand einen Bitcoin-Nachlassplan erstellen möchte? Gibt es Unterschiede, wenn ich Bitcoin an meinen Ehepartner, meine Kinder oder andere Personen vererben möchte?
Rechtlich gibt es keine Unterschiede – das Erbrecht gilt auch für Bitcoin. Die Frage ist nicht, wer erbt, sondern ob die Erben tatsächlich an die Bestände gelangen. In der Praxis sehe ich oft, dass Leute ihre Bitcoins über viele verschiedene Börsen und Wallets verteilt haben. Im Ernstfall ist das für Angehörige ein Spiessrutenlauf, weil sie sich mühsam durch eine komplexe Struktur arbeiten müssen.
Die Best Practice ist daher:
Früh beginnen, bevor grosse Beträge investiert werden.
Wissen aufbauen und sich mit den richtigen Tools vertraut machen.
Mit kleinen Beträgen testen, um Erfahrungen zu sammeln.
Schrittweise auf Hardware-Wallets umsteigen.
Mindestens zwei Kopien des Nachlassplans erstellen und getrennt aufbewahren.
Seed Phrases testen, bevor man grössere Summen bewegt, und sie sicher – idealerweise auf einer Metallplatte – hinterlegen.
Das Ziel ist es, den Angehörigen den Zugang so einfach wie möglich zu machen und unnötige Hürden zu vermeiden.
Rechtliche Lage in DACH-Ländern
Wie würdest du die aktuelle rechtliche Situation zur Vererbung von Bitcoin in der Schweiz, Österreich und Deutschland einschätzen?
Die rechtliche Situation ist klar und unterscheidet sich nicht von anderen Investments. Aus Sicht des Gesetzes gelten für Bitcoin die gleichen Regeln wie für Aktien, Immobilien oder andere Vermögenswerte. Die Herausforderung liegt nicht im Rechtlichen, sondern im Technischen. Die entscheidende Frage lautet: Kommen die Erben tatsächlich an die Bestände heran? Ohne klare Strukturen und Zugangsdaten hilft die beste rechtliche Grundlage nichts.
Zukünftige Trends im Bitcoin-Nachlass
Welche Entwicklung oder Trends siehst du in Zukunft beim Thema Bitcoin-Nachlass?
Der wichtigste Trend ist, dass immer mehr Menschen das Thema überhaupt wahrnehmen. Viele sind durch konkrete Fälle in ihrem Umfeld auf die Problematik aufmerksam geworden. Das Bewusstsein wächst, dass es unverzichtbar ist, einen Plan zu haben. Auf der Tool-Seite sehe ich allerdings keine grossen Entwicklungen. Das Thema ist weder spannend noch lukrativ – kaum jemand will dafür Geld ausgeben. Deshalb sind Open-Source-Ansätze so wichtig. Unser Nachlass-Tool ist ein gutes Beispiel dafür: Es bietet eine Lösung für ein reales Problem, ohne dass ein kommerzielles Geschäftsmodell im Vordergrund steht.